Neu auf Bluray: Im gleichen Jahr wie sein berühmter Erstling Menschen am Sonntag kam ein weiterer Movie Robert Siodmaks in die Kinos. Abschied (1930) wird vom Melodram um eine Trennung zusammengehalten, liefert aber in erster Linie ein Potpourri der Lebensrealitäten im Berlin der frühen 1930er Jahre.
n den frühen Werken von Robert Siodmak, der in den 1940er Jahren der Hausregisseur von Common Photos geworden battle, findet sich eine geradezu wahnwitzige Fülle an Expertise, das später Karriere in Hollywood oder anderswo machen sollte. Siodmaks Regiedebüt Menschen am Sonntag (1930) zeigt schon allein wegen der Namen der Beteiligten emblematisch den kulturellen Einschnitt der Naziherrschaft. Co-Regie hatte der kommende König des B-Film Edgar G. Ulmer (Umleitung/Detour, 1952) geführt. Das Drehbuch stammte von Billy Wilder und Roberts Bruder Curt (Der Wolfsmensch/The Wolf Man, 1941). Und für die Kamera waren Fred Zinnemann (Regie bei Zwölf Uhr mittags/Excessive Midday, 1952) und Eugen Schüfftan (Hafen im Nebel/Le quai des brumes, 1938) verantwortlich.
Jugendliche Ausdrucksversuche
Noch im gleichen Jahr kam Abschied in die Kinos, Siodmaks erster Tonfilm, und nur Schüfftan battle an Bord geblieben. Dafür hatten nun Irma von Dice (Mayerling, 1936) und Emeric Pressburger das Script verfasst, additionally jener Pressburger, der zusammen mit Michael Powell in den 1940er Jahren das englische Kino gleich um mehrere Meisterwerke bereicherte. Wie bei Menschen am Sonntag ist auch in dieser Konstellation zu spüren, dass dies ein Movie junger Filmemacher ist, die sich ausprobieren, die ihre Möglichkeiten und Grenzen erkunden, die nach einem persönlichen Ausdruck für sich und die damalige Zeit suchen anstatt Genreregeln – hier denen des Melodram – zu folgen.
Den roten Faden des Movies bildet die Trennung von Hella (Brigitte Horney in ihrem Leinwanddebüt) und Peter (Aribert Mog), nachdem erstere zufällig erfährt, dass letzterer am kommenden Tag wegen eines besseren Jobs nach Dresden ziehen wird. Wogen entstehen, die geglättet werden müssen. Doch irgendwann realisiert auch Peter, dass er seiner Geliebten nicht nur seinen Abgang verkaufen muss, sondern dass die mondäne, selbstbestimmte junge Frau daraufhin auch „allein“ in Berlin sein wird. Seine Eifersucht bringt ihn an die Grenzen der Raserei.
Kaleidoskop ohne Statements
Doch dieses Drama der Liebe und des Misstrauens, das auch von der Ungleichheit handelt, was der eine darf und die andere nicht, bildet nur eine Artwork Skelett, an dem etwas anderes angebracht wird. Nämlich ein Porträt von Peters Pension. Die dort Untergekommenen sind zwar nur Randfiguren und besitzen sehr easy Eigenschaften und Handlungsmotive, doch ihre unterschiedlichen Arten zu reden sowie ihre Verortungen in der Gesellschaft und ihrem Leben, beleben den Movie und zeigen uns ein Potpourri der Lebensrealitäten im Berlin des beginnenden neuen Jahrzehnts.
Der frisch eingezogene Entertainer sucht bei den Mitbewohnern nach Lackschuhen und Socken, die er für seinen Auftritt am Abend ausleihen könnte. Zudem übt er Teile seines Programms und führt sie uns vor, ohne dass die Wohnung dafür verlassen werden müsste. Bootz spielt den lieben langen Tag Klavier. Der Baron (Wladimir Sokoloff) telefoniert ständig und umschwärmt die Damen des Hauses – auf der Suche nach gesellschaftlichen Anschluss. Der arbeitslose Bogdanoff sucht die Zimmer nach Zigaretten und Dingen zum Verscherbeln ab. Die Lennox Sisters wollen am liebsten bis zum Abend im Bett bleiben. Die Vermieterin mischt sich überall ein, und Dienstmädchen Lina muss den ständigen Rufen und Aufträgen nachkommen.
Sichtlich soll so ein kleines soziales Kaleidoskop geboten werden – ohne schwere gesellschaftspolitische Aussagen. Viel eher zeigt der Movie die Skizze eines müßigen, flüchtigen Nachmittags. Die Suche nach einer legeren Weite und Unbestimmtheit steht Abschied ins Gesicht geschrieben, und weil dies mehr Wunsch als Realität ist, endet das Unterfangen als zweischneidiges Schwert.
Verfehlte Leichtigkeit
Die Schauspieler sind durchgängig in bester Spiellaune und sorgen für die Farbkleckse der Geschichte, doch können sie die Bemühtheit der Dia- und Monologe selten abschütteln. Und so schön ihr Scharwenzeln durch den Movie auch ist, so konzeptuell und steif fühlt sich die Abfolge dieser Typen an. Dieser nach Leichtigkeit strebende Movie will es einfach nie ganz schaffen, leicht zu sein. Da hilft auch nicht, dass die dokumentarische Nähe und Direktheit von Schüfftans Kamera die enge Pension zu einer weiten Bühne macht, in der die Eindrücke quick schmeck- und riechbar scheinen.
Ironischerweise ist es schlussendlich doch das Melodram, das die Stärke des Movies ausmacht. Die kunstvolle Konstruktion hält nämlich auf den letzten Metern Erkenntnisse bereithält, die das Gesehene umdeuten und die Luftigkeit dermaßen ins Tragische wenden, dass sich die UFA gezwungen sah, den Movie bald nach dem Begin um ein Completely satisfied Finish zu erweitern, das ohne Siodmak entstand. Die Stärken der zentralen Beteiligten hinter der Kamera lagen sichtlich nicht beim Ungezwungenen, sondern in der expressiven Kunstfertigkeit. Zynisch könnten wir es deshalb so sehen, dass die beschworene Leichtigkeit nur eine enorme Fallhöhe für das Ende erzwingen soll. Weniger zynisch kann Abschied aber auch einfach zugutegehalten werden, dass sich Talente ausprobieren, die noch nach ihrem Ausdruck suchen. Der Movie versprüht gerade durch seine Schwächen ein jugendliches, packendes Feuer und zeigt nicht zuletzt auf, auf welch fruchtbarem Boden Siodmaks Karriere von Beginn gedieh.




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