Verwaltung
Berliner Verwaltung: Immer mehr Stellen bleiben unbesetzt
Die Sorgen um die Arbeitsfähigkeit der Behörden in Berlin wachsen, denn geburtenstarke Jahrgänge gehen in den Ruhestand.
Berlin. Trotz aller Bemühungen, mehr Private für den öffentlichen Dienst zu gewinnen, steigt die Zahl der offenen Stellen in der Verwaltung. Waren nach Angaben der Finanzverwaltung im Frühjahr noch 6800 Stellen unbesetzt, so sind es jetzt bereits 7600. Das geht aus einer Antwort der Finanzverwaltung auf eine Anfrage des Lichtenberger CDU-Abgeordneten Danny Freymark hervor.
„Von insgesamt rund 125.693 Stellen/Beschäftigungspositionen waren am 30. Juni 2023 rund 7603 nicht besetzt“, heißt es in der Antwort der Finanzverwaltung. „Der Anteil an unbesetzten Stellen in der Berliner Verwaltung betrug zu diesem Stichtag somit 6,05 Prozent.“
Freymark will mehr Rentner und Pensionäre für das längere Arbeiten begeistern
Die Zahlen sind umso bedenklicher, da einerseits in den kommenden Jahren immer mehr Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes die Altersgrenze erreichen und andererseits künftig nur noch diejenigen Stellen finanziert werden, die auch tatsächlich besetzt sind. Das entspräche einem potenziellen Minderungsbetrag in Höhe von 350 bis 400 Millionen Euro für die Verwaltungen.
Der Lichtenberger CDU-Abgeordnete Danny Freymark schlägt deshalb vor, die Möglichkeit auszuweiten, über die Altersgrenze hinaus zu arbeiten. „Es sollte ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, ältere Mitarbeiter dazu zu gewinnen, länger zu arbeiten“, sagt Freymark, der die Anfrage gestellt hatte. Bislang sei das nur bis zum Alter von 68 Jahren möglich. Freymark möchte das auf 70 Jahre verlängern. Das würde nicht nur das Personalproblem lindern, sondern sich auch für die Mitarbeiter lohnen. Professional Jahr könnten sich Rente oder Pension um bis zu 200 Euro professional Monat erhöhen, so Freymark.
Insgesamt sorgt sich Freymark um die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung. „Die Stellen werden nicht schnell genug nachbesetzt.“ Die Folge sei ein mangelhafter Bürgerservice. So sei in Lichtenberg ein Bürgeramt geschlossen worden, um den Barbeitungsstau bei Wohngeldanträgen abarbeiten zu können. „Wenn in der Verwaltung nur noch der Mangel verwaltet wird und nicht mehr die Dienstleistung für den Bürger erfolgt, dann haben wir ein Drawback“, so Freymark.
Qualifikationsanforderungen sollen abgesenkt werden
Um das zu ändern, müsse sich die Verwaltung grundsätzlich ändern. Neben der Anhebung des Höchstalters sollten sich Behörden nach Ansicht des CDU-Politikers für Quereinsteiger öffnen. „Da müssen wir kreativer werden“, sagt Freymark. „Vor allem müssen wir bei den Qualifiaktionsanforderungen abrüsten.“ Künftig sollte darauf geachtet werden, welche Qualifiaktionen für bestimmte Tätigkeiten wirklich gefordert sind und über welche Qualifikationen Bewerber tatsächlich verfügen. Wenn das übereinstimme, sollte auf verwaltungstechnische Vorgaben verzichtet werden. „Ich erlebe oft, dass junge Menschen abgeschreckt werden“, beklagt der Lichtenberger Politiker angesichts oft sachfremder Anforderungen.
Eine Öffnung der Verwaltung für mehr Quereinsteiger liegt künftig auch im ureigenen Interesse der Behörden. Die Regierungsfraktionen CDU und SPD haben beschlossen, ab dem 1. Januar kommenden Jahres die Finanzierungsgrundlagen zu ändern. Statt vorhandene Stellen zu finanzieren, gibt es künftig Geld nur noch für echtes Private.
Während der Hauhshaltsberatungen conflict aufgefallen, dass viele Bezirke das zugewiesene Geld nicht für die Stellenbesetzung sondern für andere Zwecke verwenden. Allein Charlottenburg-Wilmersdorf berechnet den Personalbedarf aufgrund der tatsächlich vorhandenen Menschen. Das müssen künftig alle anderen Bezirks- und Hauptverwaltungen ebenso handhaben. Zum jetzigen Zeitpunkt bedeutet das nach Angaben des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD, Thorsten Schneider, dass Bezirke künftig bis zu 18 Millionen Euro weniger erhalten als bislang – weil bewilligte Stellen nicht besetzt sind.
Bis 2030 hört ein Drittel der Beschäftigten in der Verwaltung auf
Das Drawback wird in den kommenden Jahren noch weiter wachsen. Da die geburtenstarken Jahrgänge demnächst in den Ruhestand gehen, hat die Verwaltung seit Jahren Probleme, frei werdende Stellen zu besetzen. Bis 2030 hört mehr als ein Drittel der öffentlich Bediensteten auf. Während in diesem Jahr 3994 beschäftigte die Altersgrenze erreichen, sind es im kommenden Jahr bereits mehr als 4000. Die Zahl steigt bis zum Jahr 2028 auf 4800 an.
Die einzelnen Verwaltungen sind unterschiedlich vom demografischen Wandel betroffen. In den Bezirken scheiden in den kommenden acht Jahren vier von zehn Mitarbeitern aus. Besonders herausfordernd ist die Scenario in Marzahn-Hellersdorf, wo mit 48, 3 Prozent quick jeder zweite der 1814 Beschäftigten die Altersgrenze erreicht. In Charlottenburg-Wilmersdorf sind es 44,3 Prozent. Am geringsten ist die Quote in Neukölln (34,1 Prozent).
In den kommenden sechs Jahren verlassen 14.600 Lehrer den Schuldienst
Auch in der Hauptverwaltung ist die Problemlage differenziert. Während in der Mobilitätsverwaltung 47 Prozent der 1401 Mitarbeiter ausscheiden, sind es in der Innenverwaltung nur 34,9 Prozent. Einige Referate trifft es besonders hart. So erreichen im Referat Entschädigungsleistungen des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) 17 der 21 Mitarbeiter die Altersgrenze und müssen ersetzt werden (81 Prozent). Im Referat Gemeinsame Landesplanung der Wohnungsverwaltung sind es 75 Prozent. Auch die Staatliche Technikerschule verliert mit 38 Mitarbeitern mehr als 70 Prozent der Beschäftigten altersbedingt. Im in den kommenden Jahren besonders wichtigen Referat Klimaschutz, Naturschutz, Stadtgrün gehen 58 der 99 Mitarbeiter in den Ruhestand (62 Prozent).
An den Schulen erreichen bis zum Jahr 2029 ein Drittel der Lehrkräfte die Altersgrenze. Besonders schlimm ist die Scenario an den Grundschulen. Hier scheiden in diesem Jahr 1259 Lehrer aus, die Zahl steigt in den folgenden Jahren auf 1594 im Jahr 2028 an, bevor sie dann leicht sinkt. Insgesamt verlassen in den kommenden sechs Jahren 14.600 Lehrer die Schulen aus Altersgründen. Dazu kommen diejenigen Lehrkräfte, die aus anderen Gründen aus dem Schuldienst ausscheiden.